«Dass die Kinder sich im Unterricht einbringen sollen, war neu für uns»

Efigénia Chipuale ist eine junge Lehrerin in der Provinz Maputo in Mosambik. Durch das Projekt «Ler é bom», das zum Ziel hat die Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten der jüngsten Schüler:innen zu steigern, konnte sie ihre Unterrichtsmethoden nachhaltig erweitern.

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Rund 60% der mosambikanischen Bevölkerung sind Analphabet:innen. Die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi ist überzeugt, dass Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen die Grundvoraussetzung für eine qualitativ hochwertige Bildung sind. Hier setzt das Projekt «Ler é bom», zu Deutsch «Lesen ist gut», an. Gemeinsam mit dem lokalen Umsetzungspartner Progresso unterstützen wir 20 Schulen in zwei Bezirken in der Provinz Maputo, damit die Kinder der 1. bis 3. Primarschule lesen, schreiben und rechnen lernen und ihnen somit der Weg für weitere Bildung und bessere Chancen im Leben geebnet wird.

Viele junge Lehrpersonen fühlen sich noch unsicher

Eine Ursache dafür, dass nur wenige Personen in Mosambik lesen und schreiben können, liegt darin, dass Lehrerpersonen in Mosambik schlecht ausgebildet sind. Nach der obligatorischen Schulzeit von zehn Jahren und nur einem Jahr pädagogischer Ausbildung können sie bereits als Lehrerkraft arbeiten. «Dies ändert sich jedoch noch dieses Jahr», sagt Victorino Zucula, Projektmanager unseres Umsetzungspartners Progresso. «Von nun an dauert die pädagogische Ausbildung drei Jahre. Aber selbst dann sind noch viele junge Lehrpersonen nicht wirklich bereit zu unterrichten. Auch fehlt es ihnen an Wissen hinsichtlich moderner Ansätze und Unterrichtsmethoden. Ob die pädagogische Ausbildung durch die zusätzlichen Jahre auch an Qualität gewinnt, ist unsicher.» Deshalb bieten wir für das Lehrpersonal der Projektschulen Weiterbildungen an. In erster Linie geht es darum, verschiedene Unterrichtsmethoden aufzuzeigen, die dazu beitragen, dass die Kinder besser lesen und schreiben lernen.

Die Kinder sollen selbst agieren statt nur zuhören

Ein Ansatz ist der kindzentrierte Unterricht. «In Mosambik sind wir uns Frontalunterricht gewohnt. Kinder in den Unterricht miteinzubeziehen und sie zu motivieren sich selbst einzubringen, war sehr neu für mich», sagt Efigénia Chipuale. Sie ist Lehrerin an der Mantimana Primarschule im Bezirk Marracuene in Mosambik. Ihr gefalle der Ansatz und sie sehe, dass es die Schüler:innen weiterbringe und sie motivierter sind. «In der Weiterbildung habe ich einige tolle Methoden kennengelernt, wie ich die Kinder ideal in den Unterricht einbinden kann und den Lektioneninhalt auf sie abstimme», sagt sie und zeigt gleich eine Übung im Portugiesischunterricht vor. Calisto, 7, steht neben ihr vor der Klasse. Er zeigt auf ein Körperteil, alle Mitschüler:innen und die Lehrerin tun es ihm gleich und benennen das Körperteil auf Portugiesisch. Für die 22-jährige Lehrerin steht fest: Durch solche Methoden, bei denen die Kinder selbst agieren müssen anstatt nur zuhören, lernen sie deutlich effizienter, gerade in den ersten drei Schuljahren.

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Lehrerin Efigénia Chipuale zeigt, wie sie den kindzentrierten Ansatz im Portugiesischunterricht anwendet.

Lesen lernen in der Muttersprache

Ein weiterer Ansatz ist der Unterricht in der Muttersprache sowie der zweisprachige Unterricht. Denn obwohl Portugiesisch in Mosambik die offizielle Landessprache ist, sprechen die meisten Kinder zu Hause einen lokalen Dialekt. Hier in der Umgebung von Marracuene ist dies Xironga. «Wie sollen sie lernen, wenn sie uns Lehrpersonen nicht verstehen?» sagt Efigénia. Daher schulen wir das Lehrpersonal darin, den Kindern das Lesen und Schreiben in der Muttersprache beizubringen, zweisprachige Unterrichtslektionen zu gestalten und das Wissen in beiden Sprachen bestmöglich zu evaluieren. Die Schüler:innen der 2. Schulklasse der Primarschule Mantimana scheinen überzeugt zu sein, denn fast jede:r antwortet auf die Frage nach dem Lieblingsfach: Xironga!

Bibliotheken fördern das Lesen

Auch Massnahmen, von denen die Kinder direkt profitieren sollen, werden im Projekt implementiert. In den Schulen werden Bibliotheken oder, wo der Platz knapp ist, Leseecken zur Verfügung gestellt. Diese geben den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit in Ruhe zu lesen und zu lernen. Der 11-jährigen Cintia gefällt die Leseecke: Sie nutze das dortige Schulmatieral, um besser zu werden in Xironga. Und sie habe auch schon zwei Geschichten gelesen. «Eine der Geschichten handelte von einer Prinzessin. Worum es genau ging, weiss ich nicht mehr. Aber ich mochte das Buch sehr.»

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Cintia Fernandes, 11, liest gerne in der Leseecke der Mantimana Primarschule.
Das Programm wird von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA, unterstützt.

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