Sie malen wieder Regenbögen
Mehr als vier Millionen Ukrainer*innen haben seit Februar ihre Heimat verlassen. Zahlreiche von ihnen befinden sich zurzeit im Nachbarland Moldawien, einem der ärmsten Länder Europas. Hier führt die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi bereits seit 14 Jahren Bildungsprojekte für benachteiligte Kinder durch. Nach Ausbruch des Krieges haben wir schnell gehandelt, um die Geflüchteten zu unterstützen.

Spielerische Therapieformen
Seit Beginn des Krieges ist unser moldawisches Länderbüro in ständigem Kontakt mit Behörden und lokalen Partnerorganisationen, um die Bedürfnisse der Geflüchteten zu erkennen und zu helfen, wo wir können. So sind in den ersten Monaten Hilfsgüter des täglichen Bedarfs verteilt worden, bevor wir Spielzimmer eingerichtet und Psycholog*innen und Pädagog*innen geschult haben, welche die Kinder betreuen. Nina Ciubuc ist Psychologin im Aufnahmezentrum in Criuleni. Sie führt mit den Kindern Einzel- und Gruppentherapien durch. Durch spielerische Therapieformen werden Ängste abgebaut, Identität und Selbstvertrauen gefestigt. «Während viele Kinder nach ihrer Ankunft hier nur Bomben und Gewehre malten, malen sie heute Blumen, Regenbögen und ihre Familien. Das ist für mich eine grosse Bestätigung meiner Arbeit», sagt Nina Ciubuc.
«Während viele Kinder nach ihrer Ankunft hier nur Bomben und Gewehre malten, malen sie heute Blumen, Regenbögen und ihre Familien. Das ist für mich eine grosse Bestätigung meiner Arbeit.»
Nina Ciubuc – Psychologin im Aufnahmezentrum Criuleni
Die Eltern entlasten
Innert Stunden haben Mütter und Kinder vergangenen Februar die wichtigsten Sachen in einen Koffer gepackt, sich von ihren Ehemännern, Vätern, Brüdern und Söhnen verabschiedet und ihr geliebtes Zuhause verlassen. Viele Geflüchtete überquerten auf der Suche nach Schutz die Grenze zu Moldawien. Während einige weiterzogen, sind rund 90'000 bis heute geblieben.
Eine von ihnen ist Olga Komenko. Am 1. März ist sie mit ihren fünf Kindern, zwei davon adoptiert, und ihrem Mann aus Krivoj Rog geflohen. Ihr Ehemann durfte ausreisen, da es eine Sonderregelung für Väter von mehr als drei minderjährigen Kindern gibt. Darüber ist sie sehr froh: «Ich weiss nicht, ob ich sonst gegangen wäre. Fünf kleine Kinder alleine zu betreuen, das zehrt sehr an einem. Nun können wir uns die Betreuung teilen – so wie heute: er ist mit den beiden Adoptivmädchen beim Arzt, während ich zu den drei anderen schaue. Das Betreuungsangebot hier entlastet zusätzlich.» Auch Komenkos Tochter Anastasia freut sich darüber. Hier im Spielzimmer des Flüchtlingszentrums Criuleni kann die Siebenjährige mit den anderen Kindern spielen, mit den Betreuerinnen malen oder auf den neu gelieferten Sitzsäcken herumturnen.

Nicht wissen, was morgen ist
Im selben Zentrum hat Marina Mishenko mit ihren Söhnen Ignat (5) und Andrei (10) Schutz gefunden. Marinas Ehemann und Vater kämpfen beide in Cherson. Nur alle paar Tage erhält sie eine Nachricht von ihnen. «Die Zeit dazwischen ist schlimm. Wenn ich nicht weiss, wann ich das nächste Mal von ihnen höre – oder ob überhaupt.» Mishenko überlegt sich, in ihre Heimat Odessa zurückzukehren. «Die Kinder und ich vermissen unser Zuhause. Sie möchten ihre Freunde wiedersehen, die Schule besuchen. Ich hätte auch gerne mein gewohntes Umfeld zurück. Ich weiss nicht, was wir tun sollen. Vielleicht warten wir erst einmal ab, wie sich die Situation entwickelt.» In der Zwischenzeit ist sie froh, im Aufnahmezentrum in Ciruleni eine sichere Unterkunft für sich und ihre Kinder gefunden zu haben und hofft auf Frieden in einem scheinbar endlosen Krieg.

