In Frieden (St)erben

06.03.2020 - 11:07 | Veronica Gmünder

Béatrice Heinzen Humbert ist Rechtsanwältin und Stiftungsrätin der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi. Sie berät in ihrem Alltag Klientinnen und Klienten zum Thema Erben und Vererben. Im Interview gibt sie einen Einblick in ihre Arbeit.

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Béatrice Heinzen Humbert berät Klientinnen und Klienten zum Thema Erben und Vererben.

Béatrice, wie sieht die gesetzliche Erbfolge aus?
Die Hinterbliebenen erben nach einer vom Gesetz vorgeschriebenen Reihenfolge. An erster Stelle treten der überlebende Ehepartner oder die eingetragenen PartnerInnen und/oder die Nachkommen. Hinterlässt der Erblasser keinen Ehepartner beziehungsweise eingetragene PartnerInnen und/oder Nachkommen, erben die Eltern und/oder ihre Nachkommen. Existieren auch sie nicht, kommen die Grosseltern und/oder deren Nachkommen zum Zuge. Wenn keine dieser Verwandten vorhanden sind, geht das Vermögen an den Kanton über. Konkubinatspartner gelten nicht als gesetzliche Erben.

Welche Vorkehrungen können getroffen werden, damit nicht die gesetzliche Erbfolge angewandt wird?
Ein Erblasser hat verschiedene Möglichkeiten, den Nachlass zu regeln. Er kann mit einem Ehevertrag, einem Erbvertrag, einem Testament, einer lebzeitigen Schenkung oder einer Begünstigung durch Versicherungen von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Der Pflichtteil ist dabei jedoch zu respektieren.

Was bedeutet das?
Wer stirbt, kann nicht völlig frei entscheiden, was nach dem Tod mit seinem Vermögen geschehen soll. Das Erbrecht schützt die direkten Nachkommen, den überlebenden Ehegatten und bei Kinderlosigkeit die Eltern des Erblassers. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass diesen Pflichtteil geschützten Erben eine bestimmte Erbquote zuzuweisen ist (Ausnahme Enterbung). Mit einer letztwilligen Verfügung beispielsweise kann der Erblasser diese Erben auf das gesetzliche Minimum setzen.

Wann ist es sinnvoll, ein Testament zu schreiben?
Will der Erblasser von der gesetzlichen Erbfolge abweichen, braucht es zwingend eine letztwillige Verfügung oder aber einen Erbvertrag.

In der Schweiz werden in diesem Jahr 95 Milliarden Franken vererbt. Ein Teil davon geht an Stiftungen.Was sind die Gründe dafür?
Das ist schwierig zu beantworten. Die Beweggründe sind unterschiedlich. Es fällt jedoch auf, dass regelmässig Institutionen begünstigt werden, mit deren Themen sich der Erblasser zu Lebzeiten bereits auseinandergesetzt hat.

«Bei komplexen Sachverhalten empfiehlt es sich, eine Fachperson beizuziehen, um so sicherzugehen, dass der letzte Wille nach dem Tod auch umgesetzt wird.»

Béatrice Heinzen Humbert – Rechtsanwältin

Was ist der Unterschied zwischen einem Testament und einem Legat?
Mit einem Legat wendet der Erblasser einem Bedachten, wie beispielsweise der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, einen bestimmten Sach- oder Vermögenswert zu. Der Legatnehmer ist nicht Erbe und damit nicht Teil der Erbengemeinschaft. Er hat gegenüber der Erbengemeinschaft einen Anspruch auf Herausgabe des Legats. Im Gegensatz zu den Erbinnen und Erben haftet der Legatnehmer nicht für die Schulden des Verstorbenen.

Wie können sich unverheiratete Paare schützen?
Konkubinatspartner sind keine gesetzlichen Erben und erben daher nur, wenn sie beispielsweise in einem Testament oder Erbvertrag bedacht werden. Ohne entsprechende Anordnungen gehen sie leer aus.

Der Bundesrat möchte im Rahmen der laufenden Erbrechtsrevision die Pflichtteile reduzieren. Würde sich dadurch die Situation für Konkubinatspaare verbessern?
Mit der Revision des Erbrechts sollen die Pflichtteile für die Kinder reduziert werden und jene der Eltern wegfallen. Dies hat zur Folge, dass mit der Revision des Erbrechtes Konkubinatspartner im Rahmen der freien Quote stärker begünstigt werden können. Dabei gilt jedoch zu beachten, dass Begünstigungen an den Konkubinatspartner der Erbschaftssteuer unterliegen.

Wo wird die Nachlasserklärung am besten aufbewahrt?
Es ist nicht empfehlenswert, ein Testament zu Hause oder aber im eigenen Bankschliessfach aufzubewahren. Jeder Kanton hat von Gesetzes wegen eine Behörde bestimmt, die verpflichtet ist, das Testament zur Aufbewahrung zu übernehmen. In diversen Kantonen ist es die Wohnsitzgemeinde.

Was empfiehlst du unseren Spendenden?
Das Testament sollte klar und einfach formuliert sein. Es ist ferner wichtig, die Formvorschriften zu beachten. Bei komplexen Sachverhalten empfiehlt es sich, eine Fachperson beizuziehen, um so sicherzugehen, dass der letzte Wille nach dem Tod auch umgesetzt wird.

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