Covid-19 zeigt die Systemschwächen

Erst fällt der Präsenzunterricht komplett aus, und der Heimunterricht ist tückisch, dann folgt die gestaffelte Rückkehr ins Klassenzimmer unter Einhaltung rigider Hygienemassnahmen: Die Corona-Pandemie ist eine Belastungsprobe für Mosambiks Bildungssystem.

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Der Drittklässler Jorge freut sich, 
wieder die Schule besuchen zu können.
Die meisten unserer Projektschulen sind von Covid-19 und den Schulschliessungen im Frühsommer 2020 überrumpelt worden. Es war kaum möglich, das Unterrichtsprogramm einzuhalten. Mit Arbeitsblättern versuchte man den Lernprozess im Fernunterricht aufrechtzuerhalten. Rückblickend beurteilen die meisten Schuldirektor*innen diese Massnahme kritisch. Zum einen kam es immer wieder vor, dass Eltern anstelle ihrer Kinder die Übungen lösten. Zum andern hatten Kinder mit Analphabeten als Eltern überhaupt keine Hilfestellung beim Lösen der Aufgaben. Die Regierung setzte während der Schulschliessungen auf Bildungsprogramme, die sie am nationalen TV ausstrahlte. Dass von diesem Angebot nur jene Kinder profitieren konnten, die Zugang zu entsprechender Technik hatten, verschärft die Ungleichheit und verstärkt die Benachteiligung bestimmter Bevölkerungs­gruppen.

«Dass vom Fernunterricht am TV nur jene Kinder profitieren konnten, die Zugang zu entsprechender Technik hatten, verschärft die Ungleichheit und ­verstärkt die Benachteiligung bestimmter Bevölkerungsgruppen.»

Trügerischer Automatismus

Während der Pandemie sind alle Schülerinnen und Schüler der Primarstufen automatisch eine Stufe aufgestiegen. Dies unabhängig von ihren schulischen Leistungen. Was das für das kommende Schuljahr bedeutet, bringt Claudia Cumbana, Schuldirektorin im Katembe District, auf den Punkt: «Die Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler die benötigten Kompetenzen zweier Schuljahre in nur einem Jahr erwerben.» Dazu kommt, dass der Präsenzunterricht momentan im Schichtbetrieb stattfindet. Um Zusammenkünfte von mehr als 25 Kindern zu vermeiden, werden die Primarschüler*innen in Gruppen aufgeteilt. Eine hat jeweils Montag, Mittwoch und Freitag Schule, die andere Dienstag, Donnerstag und Samstag. Für die Lehrpersonen bedeutet dies, dass sie nur halb so viel Zeit wie sonst haben, um den Unterrichtsstoff zu vermitteln. Hier hilft die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi mit ihren lokalen Partnern und dem Bildungsministerium; sie begleiten und unterstützen die Lehrkräfte und Schuldirektor*innen mit Trainings.

«Die Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler die benötigten Kompetenzen zweier Schuljahre in nur einem Jahr erwerben.»

Claudia Cumbana – Schuldirektorin
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Seit der Wiedereröffnung wird in kleineren Klassen und 
im Schichtbetrieb unterrichtet. Dadurch bleibt weniger Zeit, um den Unterrichtsstoff zu vermitteln.

Freudige Rückkehr

Seit der Wiederöffnung der Schulen im März 2021 durchlaufen die Primarschüler*innen ein striktes Gesundheitspro­tokoll. Dazu gehören Maskenpflicht, morgendliche Temperaturkontrollen, Desinfektion von Händen und Schuhen sowie Abstandspflicht. Trotz dieser Massnahmen freuen sich die Kinder, wieder die Schule besuchen zu können und ihre Freunde zu treffen. So auch Jorge Cardoso Chivambo. Er besucht die dritte Klasse. Zu Hause lebt er gemeinsam mit seiner Grossmutter und seinen Eltern. Im Familienalltag mit anzupacken, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. «Wenn ich aufstehe, binde ich als Erstes unsere Ziegen an, und dann hole ich Wasser.» Jorge mag es sehr, zur Schule zu gehen. Wenn er älter ist, möchte er einmal als Lehrer arbeiten.

«Trotz strenger Hygienemassnahmen freuen sich die Kinder, wieder die Schule besuchen zu können und ihre Freunde zu treffen. »