Einfach Kind sein
Rund 100 Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien konnten ihre Sommerferien im Kinderdorf Pestalozzi verbringen und im unbeschwerten Spiel wichtige Erfahrungen sammeln: sich für Neues begeistern, eigene Potenziale entdecken oder soziale Interaktion üben.
«Wir wollen den Kindern und den Jugendlichen als Ort in Erinnerung bleiben, an dem sie sein können, wer sie tatsächlich sind», sagt Lukrecija Kocmanic. Aus pädagogischer Sicht sei es in den Sommerlagern darum gegangen, die individuellen Lebenswelten der Kinder zu reflektieren und in Verbindung mit der Gesellschaft zu bringen, erklärt die Leiterin Freizeit der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi. Das vielfältige Angebot der beiden Ferienlager zielte darauf ab, dass die Kinder und die Jugendlichen mit ihren ganz unterschiedlichen Hintergründen lernen, sich für Neues zu begeistern. So konnten die rund 100 Kinder und Jugendlichen ihre eigenen Potenziale erkennen und auch fördern. Hoffentlich werden sie nach den Ferien damit weitermachen – inspiriert von neuen Ideen, neuen Möglichkeiten und neuen Freundschaften. Was die 8- bis 15-Jährigen während der drei Wochen alles gemacht haben, zeigt nachfolgende Fotoreportage.

Welcome-Evening im Ferienlager Kunterbunt: ein warmer Sommerabend, der schöner nicht sein könnte. Hinter dem Jugendtreff haben die Kinder ein Feuer entfacht, über das sie nun ihre Schlangenbrote halten. Noch bevor sich die Sonne komplett hinter dem Haus verstecken kann, sind die ersten Brote bereits angekohlt. Faszination Schlangenbrot – für einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Novum. Auf der Slackline, beim Billardspielen oder im Musikzimmer lernen sich die Kinder besser kennen. In manchen Gruppen wird laut gelacht, andere gehen es bedächtiger an und gehen etwas zaghafter auf Tuchfühlung.

Die Teilnehmenden der Ferienlager stammen zu einem grossen Teil aus wirtschaftlich benachteiligten Familien. In der Lagerwoche selbst ist das kein Thema und die Kinder geniessen es sichtlich, sich an einem Ort austoben, mit Gleichaltrigen austauschen zu können und nichts anderes zu tun, als einfach Kinder zu sein.

Lagerwoche zwei und drei – Ferienlager Action & Fun: Die Teilnehmenden sind keine Kinder mehr, sondern Jugendliche. Am Dienstagmorgen taucht die erste Gruppe ins Radiomachen ein. Dabei wird schnell klar: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen mehr, als nur an der Oberfl äche kratzen. Für ihre Beiträge setzen sie sich beispielsweise mit Rassismus, Gruppenzwang/dynamik oder mit der Finanzkrise auseinander – Themen, die sie von sich aus aufs Parkett gebracht haben. Am späteren Freitagnachmittag werden sie mit ihren Inputs live on air sein.

Der Tanzworkshop von Ann Katrin und Tobias stösst auf grosse Resonanz. Gut 30 Jugendliche lassen sich auf das Abenteuer ein und entwickeln innerhalb von sechs Stunden eine eigene Performance. In der gemeinsamen Diskussion zu Beginn stellt sich rasch heraus, dass sich die Jugendlichen zum Thema «Respekt und Gleichgewicht» bewegen wollen. Gemeinsam mit den Theaterpädagoginnen und -pädagogen entwickeln sie dann individuelle Bewegungen dazu, die sie zu einer Choreografie zusammenfügen. Angereichert mit den vielfältigen Talenten der Lagerteilnehmenden, ergibt dies eine actionreiche Performance, die sich sehen lassen kann. Bei der Tanzperformance gehe es vor allem darum, dass die Jugendlichen Selbstwirklichkeit erleben könnten, erklärt Ann Katrin Cooper vom Panorama Dance Theater. «Es ist cool, wenn sie merken, dass das, was sie zu sagen haben, relevant ist.»